Die umkämpfte Republik
Der Versailler Vertrag besiegelt das Ende des Ersten Weltkriegs
Deutsche Kriegsfinanzierung und ihre Folgen
Zwischen 1914 und 1918 hatte sich die umlaufende Geldmenge im Deutschen Reich verfünffacht, die Golddeckung der Mark war bereits kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs aufgegeben worden, zur Banknotendeckung hatte die Regierung staatliche Schuldverschreibungen (Kriegsanleihen) ausgegeben, die von der Bevölkerung zunächst begeistert gezeichnet wurden.
Im Laufe des Kriegs stiegen gleichzeitig mit der Ausweitung der Geldmenge die Preise durch enorme Güterengpässe. Dieser Entwicklung wurde vom Staat mittels Preiskontrollen bzw. einer Anpassung der Löhne an die Preisentwicklung entgegengewirkt. Der Wert der Mark war zwischen 1914 und 1918 um mehr als die Hälfte verfallen. Nachdem der Krieg verloren war, konnten die Kriegslasten, anders als geplant, nicht durch Reparationszahlungen auf andere Staaten abgewälzt werden. Ganz im Gegenteil musste das Deutsche Reich auf Grundlage des Versailler Vertrags selbst enorme Reparationszahlungen leisten. Nun kam es zu einer weiteren massiven Ausweitung der Geldmenge durch den Staat. Die Mittel für die Reparationen wurden, obwohl sie in Fremdwährungen, in Goldmark oder Sachgütern geleistet werden mussten, durch eine Vermehrung des eigenen Papiergelds besorgt. Zunächst wurde die Inflation staatlicherseits bewusst in Kauf genommen, um die Kriegsschulden des Deutschen Reichs zu reduzieren.
Trügerischer Frieden
Die Millionen zurückkehrender Soldaten, zum Teil schwer verwundete und verletzungsbedingt arbeitsunfähige Männer, mussten in das Beschäftigungssystem eingegliedert werden. Dadurch stieg die Zahl der Arbeitslosen nach 1918 zunächst unweigerlich deutlich an und erreichte Anfang 1919 mit 1,1 Millionen ihren Höhepunkt. Durch gezielte und erfolgreiche Maßnahmen konnten die Arbeitslosenzahlen jedoch geringer gehalten werden als zunächst befürchtet:
Durch die Gründung der Roggenrentenbank und die Einführung der Roggenrente versuchte die Regierung, den Verfall der Reichsmark zu stoppen. Das Experiment scheiterte jedoch und Ende des Jahres 1922 erreichte die Inflationsrate den höchsten Stand seit Kriegsende.
Roggenbrot
1. Teigstufe – Ansäuern 250 ml Wasser, 220 g Roggenvollkornmehl und 50 g Sauerteig in eine große Schüssel geben und mit einer Rührmaschine unter Nutzung des Rührbesens oder mit einem Handrührbesen ordentlich durchrühren. Bei ca. 25 bis 28 Grad abgedeckt 15 Stunden ruhen lassen. Danach 50 g des Teigs wegnehmen und mit 1 EL Roggenvollkornmehl und 1 EL Wasser gefüttert im Kühlschrank für das nächste Backen aufbewahren.
2. Teigstufe Das gesamte Salz in 350 ml Wasser auflösen. Salzwasser und 440 g Roggenvollkornmehl zur ersten Teigstufe geben und ordentlich durchkneten. Danach 3 Stunden ruhen lassen.
3. Teigstufe – Gehen lassen 240 g Roggenvollkornmehl und 100 g Weizenvollkornmehl zur 2. Teigstufe geben und mit einem Knethaken auf höchster Stufe oder mit Muskelkraft fünf Minuten durchkneten. So viel Wasser zugeben, dass der Teig nicht zu fest wird. Danach in ein gut bemehltes Gärkörbchen geben. Optional noch ein paar Flohsamen oder Sonnenblumenkerne auf den Boden des Gärkörbchens streuen. Den Teigling für 1 bis 6 Stunden an einem warmen Ort gehen lassen, bis sich das Volumen ungefähr um ein Drittel vergrößert hat.
4. Sauerteigbrot backen Ein zu zwei Dritteln mit Wasser gefülltes, feuerfestes Schälchen auf den Backofenboden stellen und zusätzlich den Teig mit einer Pumpflasche mit etwas Wasser einsprühen. Den Backofen auf 220 bis 250 Grad Ober-/Unterhitze (je nach gewünschter Kruste) vorheizen und das Backblech mit Backpapier auslegen. Für eine weniger dunkle Kruste braucht es eine geringere Temperatur. Dafür nach der Hälfte der Backzeit die Temperatur
auf 180 bis 220 Grad reduzieren.
Hyperinflation und Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft
Gründung der ELBIM am 23. Januar 1923
Die Idee, eine Genossenschaft für Bäcker zu gründen, kam bereits 1873 auf, konnte sich jedoch unter Münchner Bäckern nicht durchsetzen. Eine angestrebte Genossenschaft zum gemeinschaftlichen Brennholzeinkauf, der „Holzhof“, scheiterte, und auch in den darauffolgenden Jahren verhielten sich die Münchner Bäcker der Genossenschaftsidee gegenüber eher zurückhaltend. Zum Jahrhundertwechsel wuchs im Bäckerhandwerk die Zahl der Anhänger des Genossenschaftswesens. Die Gründung einer Genossenschaft wurde jedoch bei der Innungsversammlung im Sommer 1904 zurückgestellt. Stattdessen wurde eine Übergangsstruktur geschaffen: Eine von der Innung berufene Kommission sollte „dem Gedanken der Errichtung eines Musterlagers für Einrichtungsgegenstände näher […] treten“. Bis 1923 sollte es bei dieser Teillösung, dem Musterlager der Münchner Bäcker-Innung, bleiben.
Die Inflation zwischen 1920 und 1922 setzte dem Bäckerhandwerk, wie allen anderen Handel- und Gewerbetreibenden, stark zu: Während 100 Kilogramm Mehl am 1. Januar 1922 52.000 Mark kosteten, stieg der Preis innerhalb von zehn Monaten auf 55 Mio. Mark. Am 1. Januar 1923 kostete 1 Pfund Markenbrot 77,50 Mark und eine Semmel 20 Mark. Die genossenschaftliche Idee der Selbsthilfe in einer Gemeinschaft mit den gleichen Interessen sollte die bedrängten Bäcker in München hierbei durch gemeinsamen Waren- und Rohstoffbezug unterstützen. So wurde in einer Innungsversammlung am 11. Dezember 1922, kurz vor dem absoluten Höhepunkt der Inflation, endgültig die Gründung einer Genossenschaft beschlossen: „Alleine diese Anrempelungen würden uns weniger genieren, wenn uns nicht die allgemeinen Wirtschaftsverhältnisse und die Erfolge von anderen Bäckergenossenschaften direkt dazu zwängen, diese Frage zu überprüfen.“ So wurde „nach reger Aussprache die Gründung einer Genossenschaft beschlossen und die Vorstandschaft beauftragt, die erforderlichen Schritte zu leisten“.
Diese Satzung wurde auf der ersten Generalversammlung beraten und verabschiedet, ebenso wie die Besoldung der Vorstandsmitglieder. Der erste Vorstand der ELBIM setzte sich zusammen aus: Direktor Carl Linder, dem 2. Vorstand, Christoph Röschlein sowie dem 3. Vorstand Joseph Ulrich.
Erster Aufsichtsratsvorsitzender wurde Obermeister der Bäcker-Innung Matthäus Hofmann, sein Stellvertreter wurde der Bäckermeister Xaver Söllner. Erster Schriftführer wurde der Bäckermeister Karl, Beisitzer die Bäckermeister Koch, Hieber, Lorn und Stöcklein.
Von der Idee, eine Solidargemeinschaft zum gemeinsamen Wareneinkauf zu gründen, ließen sich in dieser Innungsversammlung 275 Bäcker überzeugen.
Ihren ersten Geschäftssitz fand die ELBIM im Gebäude der Münchner Bäcker-Innung in der Münchner Maistraße Nr. 12.
Männer der ersten Stunde
der erste Vorstand der ELBIM
von 1923 bis 1934
Vorstand der ELBIM
von 1923 bis 1934
der erste stv. Aufsichtsratsvorsitzende der ELBIM
von 1923 bis 1934
Münchner Bäcker-Innung
Nach der Änderung der Gewerbeordnung im Jahr 1897 stellte die Innung einen Antrag zur Bildung einer Zwangsinnung. Der notwendige Beschluss wurde 1898 in einer Innungsversammlung einstimmig verabschiedet. Ein Jahr später wurde die Errichtung einer Zwangsinnung für die Stadt München und das Königliche Bezirksamt München genehmigt. Damit waren ab 1899 alle Gewerbetreibenden innerhalb der Stadt München und des Bezirksamts München I, die das Bäckerhandwerk ausübten, ob sie Lehrling oder Gesellen beschäftigten, verpflichtet, der Bäcker-Innung (Zwangsinnung) München als Mitglied anzugehören.
Ab 1901 übernahm sie den Hefe- und Diamaltbezug bzw. deren Herstellung in eigener Regie. Von 1905 bis 1923 bestand ein eigenes Verkaufs- und Musterlager, der Vorläufer der ELBIM.
Entstehung des Genossenschaftswesens
Genossenschaftliche Ursprünge finden sich bereits bei den ersten Siedlungen im Zuge der Völkerwanderung und des späteren Landausbaus neben adeligen Grundherrschaften. Die gemeinschaftliche Nutzung und Verwaltung von Land und Boden, die dort ihren Ursprung hatte, spielt bis heute eine bedeutende Rolle.
Vor allem die im Hochmittelalter entstehenden städtischen Gemeinwesen waren genossenschaftlich organisiert.
Neben der Stadtverfassungen auch die Organisation der Handwerker in Zünften und Gilden, die mittelalterliche Klostergemeinschaft, aber auch die frühen Universitätsgründungen.
Die genossenschaftliche Idee zieht sich seither durch die gesamte europäische Geschichte und fand ihre ersten Gründungen im Wirtschaftsleben beispielsweise im Berg- und Brückenbau sowie im Hüttenwesen. Auch zahlreiche Münzprägungen gingen im Mittelalter auf Münzerhausgenossenschaften zurück.
Deutsches Genossenschaftswesen
dazu verbinde Dich mit Anderen, die das Gleich wollen.“
Das deutsche Genossenschaftswesen geht auf die Ideen der beiden Genossenschaftsväter Wilhelm Friedrich Raiffeisen (1818 – 1888) und Hermann Schulze-Delitzsch (1808 – 1883) zurück. Als Antwort auf die grassierende Massenarmut der Bauern, Handwerker und städtischen Gewerbetreibenden schlossen diese sich zu demokratisch organisierten Selbsthilfevereinigungen zusammen.
Die Französische Revolution (1789), das Gedankengut der Aufklärung zusammen mit den Schriften von Adam Smith formten um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ein Umfeld, das die Idee des Wirtschaftsliberalismus begründete und dessen Verbreitung begünstigte. Die Abschaffung des Feudalismus, der von einem Gefüge von Pflichten, Leistungen und persönlichem Treueverhältnis geprägt war, zusammen mit Gewerbefreiheit und Industrialisierung veränderten die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in ganz Europa radikal.
Das Herauslösen der Bauern aus sämtlichen herrschaftlichen Bindungen infolge der Liberalisierung der Agrarverfassung wird als Bauernbefreiung bezeichnet. Sie umfasst die persönliche Befreiung der Bauern aus Leibeigenschaft oder Erbuntertänigkeit bzw. die Auflösung der Grundherrschaft, Aufhebung der Gerichtsherrschaft sowie weiterer herrschaftlicher Bindungen.
Massenarmut und Hungerkrisen waren in der vorindustriellen Zeit (vor 1850) eine häufige Erscheinung gewesen. Ursache dafür war die geringe Produktivität in der Landwirtschaft, die erst mit der Bauernbefreiung überwunden wurde, zusammen mit der Gewerbefreiheit, welche die Grundlage für den grundsätzlich freien Marktzutritt schaffte und damit eine freie Wettbewerbsordnung einführte. Die Schaffung einer marktwirtschaftlichen Ordnung mit freiem Marktzutritt stellte auch die Bauern in eine Wettbewerbssituation und damit vor völlig neue Herausforderungen. Die Freiheit der Bauern als Unternehmer betraf nicht nur die Produktionssphäre, sondern warf darüber hinaus Fragen der Finanzierung auf.
Diese stellten sich ebenso bei Handwerks- und Gewerbebetrieben. Schranken, die Staat und Gesellschaft bisher gesetzt hatten, wurden aufgehoben. Für Handwerker und Gewerbetreibende bestand nun einerseits die Chance auf freie wirtschaftliche Betätigung, andererseits entfielen durch den Abbau der Zunftschranken traditionelle Schutzfunktionen. Auch Handwerker und Gewerbetreibende sahen sich nun einer existenzbedrohenden Konkurrenz durch Fabriken und Industrien ausgesetzt. In dem aufkommenden freien Wettbewerb benötigten sie Betriebskapital zur Anschaffung technischer Hilfsmittel.
Das Kreditwesen Mitte des 19. Jahrhunderts bestand jedoch lediglich aus drei Bankengruppen, den zu dieser Zeit noch dominierenden Privatbanken, den Sparkassen sowie den sogenannten „Landschaften“ und „Ritterschaften“. Diese dritte Bankengruppe war genossenschaftlich organisiert und kann als Vorläufer der späteren Hypothekenbanken gesehen werden. Doch weder Kleinbauern noch Gewerbe- oder Handeltreibenden stand die Kreditaufnahme bei einer dieser drei Bankengruppen offen. Zwar boten die seit Beginn des 19. Jahrhunderts vermehrt entstehenden Sparkassen in geringem Umfang Bankdienstleistungen auch für Landwirte sowie Handwerker und Gewerbetreibende, jedoch hauptsächlich hypothekarisch gesicherte langfristige Ausleihungen gegen hohe Sicherheiten. Grundsätzlich stand bei den Sparkassen zu dieser Zeit noch der Spargedanke im Vordergrund, sodass das Passivgeschäft dominierte. Die um die Jahrhundertmitte entstehenden Aktienbanken und Großbanken konzentrierten sich mit ihren Bankleistungen in erster Linie auf die sich rasch entwickelnde Industrie und den Handel.
Somit gerieten neben Handwerkern vor allem Kleinbauern zunehmend in die Abhängigkeit von „Wucherern“ und Viehhändlern. Auch die von König Ludwig I. gegründeten sogenannten „Kreishilfskassen“, die bei unverschuldeten Notlagen günstige Darlehen an die ländliche Bevölkerung in Bayern vergaben, konnten das Kreditbedürfnis der Landwirte nicht decken und somit deren prekäre Situation nicht nachhaltig und in der Breite verbessern.
Um die offensichtliche Not der ländlichen Bevölkerung, ausgelöst durch Missernte und Wirtschaftskrise, zu lindern, gründete der Bürgermeister des rheinischen Ortes Weyerbusch, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, nach dem christlichen Prinzip der Nächstenliebe aufgebaute Wohltätigkeitsvereine. Der ersten erfolgreichen Gründung eines „Brodvereins“ in seiner Gemeinde Weyerbusch im Winter 1846/47 folgte ein Jahr später der „Flamersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte“. So wurden die Missernte des Jahres 1846 und der darauffolgende Notwinter der unmittelbare Anlass für das Entstehen der Raiffeisen-Kreditgenossenschaften. Da die Armut der ländlichen Bevölkerung langfristig und nicht nur akut bekämpft und vor allem deren Abhängigkeit von dem wucherischen Handel mit Vieh beendet werden sollte, baute Raiffeisen seinen Hilfsverein immer mehr zu einer Kreditstelle aus, weitere Vereinsgründungen folgten. Ab 1864 gründete Raiffeisen nach den genossenschaftlichen Prinzipien der „Selbstverwaltung“, „Selbstverantwortung“ und „Selbsthilfe“ „moderne“ Genossenschaften mit einem überschaubaren, begrenzten Tätigkeitsbereich, einer ehrenamtlichen Verwaltung sowie einer unbeschränkten, also solidarischen Haftung aller Mitglieder. Weitere Merkmale seiner Genossenschaften waren keine bzw. nur relativ geringe Geschäftsanteile, die Bildung eines unteilbaren Stiftungsfonds, das Verbot der Kreditvergabe an Nichtmitglieder, die Verbindung von Geld- und Warengeschäft sowie der Ausschluss einer Gewinnbeteiligung der Mitglieder.
Diese genossenschaftlichen Kreditinstitute nach den Ideen Raiffeisens boten der ländlichen Bevölkerung die Möglichkeit, langfristige Kredite aufzunehmen und zudem überschüssige Gelder auch in kleineren Summen anzulegen. Darüber hinaus passten sich die Darlehenskassenvereine den persönlichen Kreditbedürfnissen der Landbevölkerung an und boten Laufzeiten, die sich an deren Erzeugerrhythmus orientierten.
Bereits kurze Zeit vor der Gründung der ersten Unterstützungsvereine durch Friedrich Wilhelm Raiffeisen hatte der Patrimonialrichter Hermann Schulze-Delitzsch genossenschaftliche Kreditinstitute für mittelständische Handwerker und Gewerbetreibende aufgebaut. Anders als Raiffeisen lehnte Schulze-Delitzsch jedoch jegliche externe Hilfe ab und setzte vielmehr allein auf Selbsthilfe, da Fremdhilfe seiner Meinung nach nur die akute Not, nicht aber deren Ursachen bekämpfen konnte und zudem die von ihm als Grundlage der Genossenschaften geforderte Eigenständigkeit unterminiere. Und im Gegensatz zu Raiffeisen, der zunächst Kreditgenossenschaften gründete, schuf Schulze-Delitzsch zuerst gewerbliche Einkaufsgenossenschaften und dann erst Kreditgenossenschaften.
Die Genossenschaftsidee breitete sich im gesamten Deutschen Reich aus. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bestanden mehr als 34.000 Genossenschaften mit mehr als 6 Mio. Mitgliedern. Den größten Anteil stellten hierbei die Kreditgenossenschaften, gefolgt von ländlichen Waren- und Betriebsgenossenschaften, Konsumgenossenschaften sowie den gewerblichen Genossenschaften.
(1808 – 1883)
(1818 – 1888)
Erste Geschäftsjahre der ELBIM
Das erste Geschäftsjahr der ELBIM stellte aufgrund der hohen Inflation organisatorisch und kaufmännisch höchste Anforderungen an die Leitung der neu gegründeten Genossenschaft. Über die großen Herausforderungen für die ELBIM berichtete der Vorstand Carl Linder: „Das Geschäft ging und es wäre ein glückliches Jahr zu nennen, wenn nicht die Inflation eingegriffen hätte. Nur ein Beispiel: Ihre Anteile von nahezu 60 Mio. Mark waren am 20. November 1923 nurmehr 5 Tausendstel Pfennig wert. Kein Land der Erde hätte es ausgehalten, aber das deutsche Volk kämpft durch. Uns selbst wurde das Geschäft einigermaßen erleichtert durch das Entgegenkommen von den mit uns in Verbindung stehenden Banken und auch der Zentraleinkaufsgenossenschaft BAVARIA. Es war ein Zahlenwahnsinn ohnegleichen. Die Genossenschaft mußte das ganze Büropersonal zum Geldzählen heranziehen und noch laufend 4 Aushilfen beschäftigen."
Die Inflation schritt derweil immer weiter voran: Ende des Jahres 1923 kostete ein Pfund Markenbrot die schier unfassbare Summe von 1.515 Mrd. Mark, eine Semmel 25 Mrd. Mark. Für markenfreies Brot (die Kriegswirtschaft für Brot und die Brotkarte wurden erst am 15. Oktober 1923 aufgehoben) lag der Preis bei 262,5 Mrd. Mark. Auch die Mehlpreise waren massiven Schwankungen ausgesetzt: Am 26. November 1923 kosteten 100 Gramm markenfreies Weizenmehl 72 Bill. Mark. Gleichzeitig waren jedoch erstmals seit 1914 wieder ausreichende Mengen an Getreide und Mehl verfügbar. Erst nach der Einführung der Rentenmark konnte die Inflation gedrosselt werden, die Grundlage für den planmäßigen Ausbau des Geschäfts der ELBIM war gelegt.
Eine neue Währung
Am 15. November 1923 beendete die deutsche Reichsregierung das wirtschaftliche Chaos durch die Einführung der Rentenmark. Eine Rentenmark entsprach einer Billion Papiermark, was die gigantische Inflationsrate veranschaulicht. 1924 wurde sie durch die Reichsmark ersetzt. Während eine Semmel am 5. Januar 1924 noch 25 Mrd. Mark kostete, sank der Preis am darauffolgenden Tag auf 2,5 Pfennig.
Erfolgreicher Start
Schon in ihrem zweiten Geschäftsjahr hatte sich die ELBIM somit nach eigener Aussage zur umsatzstärksten aller deutschen Bäckergenossenschaften entwickelt und war in die Phase der Konsolidierung eingetreten. Bedeutsam für die Steigerung des Umsatzes war die vom ELBIM-Vorstand Carl Linder
eingeführte sogenannte „Mehlbörse“, die regelmäßig am Dienstagabend im Haus der Münchner Bäcker-Innung stattfand. Dieses schnelle Umsatzwachstum zog unweigerlich die Umstellung der Buchhaltung auf einen Großbetrieb sowie die Bestellung eines neuen Geschäftsführers nach sich. Im ersten Geschäftsjahr hatte das Gründungsmitglied Maria Segl die Leitung. H.W. Schmidt verantwortete die Geschäfte der ELBIM dann bis 1945.
Fragile Stabilität in den „Goldenen Zwanzigern“
Für einen entscheidenden Schritt in Richtung wirtschaftlicher Konsolidierung der jungen Republik sorgte der sogenannte „Dawes-Plan“ vom 16. August 1924, benannt nach dem amerikanischen Bankier Charles Dawes.
Mit den im Oktober 1925 in Locarno ausgehandelten völkerrechtlichen Vereinbarungen durchbrach das Deutsche Reich endgültig seine außenpolitische Isolation. Auch innenpolitisch kam es nach den schwierigen Anfangsjahren der Weimarer Republik zu einer vorübergehenden Konsolidierung.